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Was ist Schematherapie?

Die Schematherapie nach Jeffrey Young ist eine Methode der Verhaltenstherapie, die v. a. für die Behandlung von Patienten mit komplexen psychischen Problemen entwickelt wurde. Schematherapie bezieht sich dabei nicht nur auf aktuelle Probleme, sondern auch auf deren Entstehungsgeschichte, die überwiegend in der Kindheit und Jugend zu finden ist.

 

Was ist ein Schema?

Jeder Mensch entwickelt in seiner Kindheit Konzepte (Schemata) von sich selbst, von anderen und von der Welt. Diese Schemata sind die Grundlage dafür, wie er später mit den verschiedenen Situationen im Erwachsenenleben umgeht. Ein Schema ist demnach ein meist in der Kindheit entwickeltes festes Muster aus zusammengehörigen Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken. Wenn die Grundbedürfnisse von Kindern (z. B. Sicherheit, Liebe, Akzeptanz oder Freiheit, sich auszudrücken) erfüllt werden, entstehen gesunde Schemata und Kinder können positive Bilder von sich, anderen und der Welt als Ganzes entwickeln. Manche Menschen erfahren jedoch während ihrer Kindheit keine Unterstützung und Sicherheit, sondern werden emotional vernachlässigt. Dadurch ist es ihnen nicht möglich, gesunde Konzepte über sich selbst und ihre Umwelt zu lernen. Dann entstehen in Wechselwirkung mit biologischen Faktoren (Temperament und Veranlagung des Kindes) dysfunktionale (problematische) Schemata. Wenn traumatische Erfahrungen wie der Verlust eines Elternteils oder emotionaler, körperlicher oder sexueller Missbrauch hinzukommen, ist die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung dysfunktionaler Schemata noch größer.

 

Was sind dysfunktionale Bewältigungsstrategien?

Bewältigungsstrategien sind Mechanismen für den Umgang mit den durch die Schemata ausgelösten unangenehmen Emotionen. Es gibt drei Methoden, mit diesen Emotionen umzugehen: Erstarren, Fliehen oder Kämpfen. Das lässt sich zum Beispiel auch bei Angst und Bedrohung im Tierreich beobachten. Werden bei Menschen Schemata aktiviert, so reagieren sie mit einer dieser Methoden:

- Unterwerfung (Erstarren, schemabestätigendes Verhalten)

- Vermeidung (Flucht, schemavermeidendes Verhalten)

- Überkompensation (Kampf, dem Schema entgegengesetztes Verhalten)

 

Was ist ein Modus?

Bei Patienten mit chronischen psychischen Problemen sind häufig so viele Schemata und Bewältigungsstrategien gleichzeitig aktiviert, dass es weder für Patienten noch für Therapeuten möglich ist, den Überblick zu behalten. Um dieses Problem zu lösen, wurde das Modus-Modell entwickelt. Ein Modus ist ein bestimmtes Verhaltenssteuerungsprogramm, das maßgeblich das Fühlen, Denken und Handeln in der aktuellen Situation beeinflusst. Man kann sich den Modus ähnlich wie eine DVD vorstellen: Wenn eine DVD in den DVD-Player eingelegt wird, erscheint auf dem Bildschirm eine bestimmte vorgegebene Abfolge von Bildern und Musik. Übertragen gesehen wird das Einlegen der jeweiligen »Modus-DVD« durch bestimmte Umgebungsbedingungen oder Gedanken ausgelöst (die »emotionalen Knöpfe«). Ist die »Modus-DVD« dann eingelegt, werden alle Informationen im Sinne des Modus ausgewertet, ein für den Modus typisches Muster an Gefühlen, Gedanken, Körperreaktionen und Verhalten wird vorgegeben.

Jeder Mensch hat verschiedene gesunde und maladaptive Modi. Zu jedem Zeitpunkt sind einige dieser Modi inaktiv, während der vorherrschende, aktive Modus (»die eingelegte DVD«) unsere Sicht auf uns selbst und die Umwelt, unsere Stimmungslage und unser Handeln bestimmt, ohne dabei vollständig bewusst zu sein. Jeder Mensch kann lernen, zu erkennen, welche »Modus-DVD« er gerade eingelegt hat. Dies ist sehr hilfreich, um das eigene Handeln, Fühlen und Denken zu verstehen und gegebenenfalls schrittweise zu verändern, wenn es zu Schwierigkeiten führt (»die DVD wechseln«).

Schemata sind überdauernd und sehr rigide, wohingegen Modi sehr schnell wechseln können und den emotionalen Zustand im Hier und Jetzt betreffen.

 

Es gibt vier Gruppen von Modi: Kindliche Modi, Elternmodi, Bewältigungsmodi und gesunde Modi:

 

Kindmodi

In den kindlichen Modi werden Menschen von ihren Gefühlen überflutet und fühlen sich diesen ausgeliefert. Sie fühlen sich dabei z.B. sehr traurig, verlassen und hilflos oder sehr wütend und handeln impulsiv.

 

Elternmodi

In den Elternmodi gehen Menschen sehr hart mit sich ins Gericht. Sie sind selbstabwertend, fordern viel Leistung und bestrafen sich für kleinste Fehler.

 

Bewältigungsmodi

In den Bewältigungsmodi versuchen Menschen mit den emotionalen Schmerzen, die durch die kindlichen und Elternmodi ausgelöst werden, umzugehen. Hierzu werden die oben beschriebenen Bewältigungsstrategien angewendet.

 

Gesunde Modi

In den gesunden Modi können Menschen mit intensiven Emotionen umgehen, Probleme lösen und gesunde Beziehungen zu anderen Menschen gestalten. Sie sind sich ihrer Bedürfnisse, Möglichkeiten und Grenzen bewusst und handeln entsprechend ihrer Werte und Ziele.

 

Ihr Therapeut wird die für Sie relevanten Modi mit Ihnen besprechen und Ihnen entsprechende Arbeitsmaterialien aushändigen.

 

Ziele der Schematherapie

Der Therapeut hat in der Schematherapie das Ziel und die Aufgabe, die kindlichen Modi zu versorgen und zu trösten, so dass die frustrierten Bedürfnisse im Hier und Jetzt erfüllt werden und neue gesündere Schemata erlernt werden können. Gleichzeitig müssen dazu die Elternmodi bekämpft und reduziert werden. Die Bewältigungsstrategien sollen hinterfragt und ggf. durch gesündere Strategien ersetzt werden. Das allerwichtigste Ziel ist es, den Modus des gesunden Erwachsenen so zu stärken, dass der Patient selbst mehr und mehr diese Aufgaben übernehmen kann.

 

Woraus besteht die Therapie?

Die Therapie nutzt verschiedene Methoden und Übungen, um diese Ziele zu erreichen. Dabei ist die therapeutische Beziehung von essentieller Bedeutung. Die therapeutischen Techniken setzen über drei Zugangswege an:

- über das Denken (kognitive Techniken),

- über das Fühlen (emotionsorientierte Techniken) und

- über das Handeln (verhaltensbezogene Techniken).

 

Beziehung zu dem Therapeuten

Die Schaffung einer sicheren therapeutischen Beziehung ist ein zentraler Punkt in der Schematherapie. Im Rahmen der begrenzten elterlichen Fürsorge erfüllt der Therapeut in einem begrenzten Ausmaß die in der Kindheit nicht erfüllten Bedürfnisse des Patienten. Der Therapeut hilft dem Patienten, Dinge zu erlernen, die er in seiner Kindheit nicht lernen konnte. Er unterstützt den Patienten, anstatt ihn zu kritisieren oder zu bestrafen, so dass der Patient neue emotionale Reaktionen erlernen kann.

 

Kognitive Techniken

Kognitive Techniken beschäftigen sich mit Gedanken und Vorstellungen über sich selbst, andere Menschen und die Welt. Sie werden eingesetzt, um die Gültigkeit von Schemata oder Modi zu überprüfen. Zu den kognitiven Techniken gehören: Wissensvermittlung zu den Schemata und Modi, zu den Grundbedürfnissen von Kindern und zu Emotionen, Pro- und Kontra-Überlegungen zu bestimmten wichtigen Gedankengängen oder Handlungsmustern, das Führen von Modus-Tagebüchern, die Analyse des Zusammenspiels verschiedener Modi in schwierigen Situationen, das Erstellen von Selbstinstruktionskarten (Karten mit hilfreichen Alternativüberlegungen, die die Aussagen dysfunktionaler Modi relativieren) oder das Führen eines Ereignis-Tagebuchs.

 

Emotionsorientierte Techniken

Emotionsorientierte Techniken sind Techniken, die sich direkt auf Emotionen beziehen. Bei den meisten Patienten wurde in der Kindheit der Ausdruck von Gefühlen oder Bedürfnissen unterdrückt, bestraft oder nicht beachtet. Daraus resultieren im Erwachsenenleben vielfältige Probleme im Umgang mit Gefühlen. Ein wichtiges Thema der Therapie ist deshalb die Entwicklung eines neuen Umgangs mit Emotionen und Bedürfnissen. Die wichtigsten emotionsorientierten Techniken sind imaginative Verfahren und sogenannte »Stuhldialoge«.

Bei Imaginationsübungen bittet der Therapeut den Patienten, die Augen, wenn möglich, zu schließen und sich eine bestimmte Situation vorzustellen (z. B. einen sicheren Ort oder eine Situation in der Vergangenheit). Da ein möglichst intensiver Kontakt zu den Emotionen gewünscht ist, wird der Patient bei Imaginationsübungen gebeten, möglichst in Ich- und Gegenwarts-Form zu berichten. Beim »Imagery Resripting« unterstützt der Therapeut den Patienten, unangenehme Kindheitserinnerungen in der Weise zu verändern, dass der Patient als Kind sicher ist (z. B. durch Stoppen von problematischen Verhaltensweisen anderer) und seine Bedürfnisse ausreichend versorgt werden. Auf diese Weise kann der Patient die Erfahrung machen, dass seine Emotionen und Bedürfnisse normal waren, nicht aber das Verhalten seines Umfeldes.

Bei den Stuhldialogen werden Dialoge zwischen verschiedenen Modi oder zwischeneinem Schema und einer gesunden Sichtweise durchgeführt. Diese verschiedenen Seiten werden auf verschiedenen Stühlen dargestellt.

 

Verhaltensbezogene Techniken

Nicht nur Emotionen und Gedanken sind Gegenstand der Therapie, sondern auch das Verhalten. Verhaltensbezogene Techniken sind Übungen, mit denen neues Verhalten erprobt wird. Hierzu gehören beispielsweise das Üben von neuen Verhaltensweisen, Rollenspiele oder der Aufbau von Aktivitäten.

 

Was Sie erwarten können

Eine Kombination der beschriebenen Techniken führt zu einer Stärkung des gesunden Erwachsenenmodus mit dem Ziel, dass Sie Ihr Leben entsprechend der eigenen Ziele und Werte gestalten können und Kompetenz im Umgang mit anderen Menschen und sich selbst (eigene Bedürfnisse, Emotionen, Möglichkeiten und Grenzen) erlangen.

 

 

Quelle: Faßbinder, Schweiger, Jacobi: Therapie-Tools Schematherapie. Beltz, 2011.

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